Das Todaustragen am Laetaresonntag (4. Passionssonntag∗ ).
∗„Freut euch mit Jerusalem! Jubelt in der Stadt, alle, die ihr sie liebt. Seid fröhlich mit ihr, alle, die ihr über sie traurig wart. Saugt euch satt an ihrer tröstenden Brust, trinkt und labt euch an ihrem mütterlichen Reichtum!“ Jes. 66, 10-11.
Marek Bieganik, nature morte, LW, 2002 (Privatbesitz)
Der polnische Maler Marek Bieganik zeigt mit der Darstellung dieses knöchernen, zarten Fischskeletts, wie sich beim Betrachter – quasi durch die Hintertür – eine (paradoxe) Vorstellung von Unsterblichkeit ein- schleichen kann. Seine Materialarbeit, nennen wir sie ruhig ein „Unsterblich machen“, erinnert an das „Todaustragen“ in einigen Gegenden Schlesiens, der Lausitz und Böhmens am 4. Passionssonntag, also kurz vor Ostern, dem Auferstehungsfest. Das volkstümliche „Todaustragens“ war eine ausschließlich den Mädchen und Frauen vorbehaltene Zeremonie. Sie trugen eine bekleidete Puppe unter feierlichen Gesängen aus dem Dorf, vernichteten, opferten mit Gesängen die Strohpuppe durch Entkleidung, Zerreißung oder Ertränken. Anschließend kleideten sie das schönste Mädchen unter ihnen in das Gewand des „geopferten Todes“. Die Teile der Strohpuppe, des „geopferten Todes“, verteilten die Frauen auf den Feldern und an die jungen Männer im Dorf zur Mehrung der Fruchtbarkeit, wie es hieß.
Mit Ludwig Klages (Der Geist als Widersacher der Seele, 1929-1932) lässt sich sagen: Man tötet und opfert, aber man tötet den Tod und gewinnt an Leben. Aber nur aus der Hand des Todes und um den Preis der Tötung. Wir begegnen hier einem Herzstück der Metaphysik des Heidentums …
… und nicht zu vergessen, G.W.F. Hegel sagt: „Nichts ist wesentlich, was nicht erscheint.“