In den zweitausend Jahren, die dem Höhepunkt der griechischen Wissenschaft und Kunst im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. folgten, war das menschliche Denken in erster Linie mit Fragen und Problemen beschäftigt, die völlig verschieden waren von denen der frühen griechischen Naturphilosophie. In jenen ersten Jahrhunderten der griechischen Kultur waren die stärksten Kräfte ausgegangen von der unmittelbaren Realität der Welt, in der wir leben und die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen. Diese Wirklichkeit war voll von Leben, und es gab keinen vernünftigen Grund, den Unterschied zwischen Materie und Geist oder zwischen Körper und Seele zu betonen. Aber schon in der Philosophie PLATOs erkennt man, daß eine andere Wirklichkeit anfängt, an Kraft zu gewinnen.
In einem berühmten dichterischen Bilde vergleicht PLATO die Menschen mit Gefangenen in einer Höhle, die gefesselt sind und nur in einer Richtung schauen können. Hinter ihnen brennt ein Feuer, und sie sehen auf der Wand nur die Schatten ihrer eigenen Körper und der Gegenstände hinter ihnen. Da sie nichts anderes sehen können als die Schatten, betrachten sie diese Schatten als wirklich und bemerken die Gegenstände nicht. Schließlich gelingt es einem der Gefangenen, zu entfliehen, und er kommt aus der Höhle in das Licht der Sonne. Zum ersten Mal sieht er die wirklichen Dinge und erkennt, dass er bisher nur ihre Schatten für die Wirklichkeit gehalten hatte. Zum ersten Mal weiß er die Wahrheit und denkt nur noch mit Trauer an sein langes Leben in der Dunkelheit.
Der wirkliche Philosoph ist der Gefangene, der aus der Höhle in das Licht der Wahrheit entflohen ist, und er besitzt wirkliches Wissen. Diese unmittelbare Verbindung mit der Wahrheit oder, wie man im christlichen Sinne sagen kann, mit Gott, ist die neue Wirklichkeit, die nun anfängt, stärker zu werden als die Wirklichkeit der Welt, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen. Die unmittelbare Verbindung mit Gott vollzieht sich in der menschlichen Seele, nicht in der Welt, und dieses Problem hat das menschliche Denken mehr als irgendein anderes in den zweitausend Jahren nach Plato beschäftigt. In dieser Periode waren die Augen der Philosophen auf die menschliche Seele gerichtet und auf ihre Beziehung zu Gott, auf die Probleme der Ethik, und auf die Deutung der Offenbarung, aber nicht auf die äußere Sinnenwelt. Erst in der Zeit der beginnenden Renaissance in Italien macht sich wieder ein allmählicher Wandel des menschlichen Denkens bemerkbar, der schließlich auch zu einem Wiederaufleben des Interesses an der Natur führt.
Die große Entwicklung der Naturwissenschaft wurde im 16. und 17. Jahrhundert eingeleitet und begleitet von einer Entwicklung philosophischer Ideen, die eng mit den Grundbegriffen der Naturwissenschaft verknüpft waren. Daher mag es lehrreich sein, diese Ideen von unserem modernen Standpunkt aus zu erläutern. Der erste große Philosoph der neuen naturwissenschaftlichen Periode war RENE DESCARTES, der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gelebt hat. Seine für die Entwicklung der Naturwissenschaft wichtigsten Gedanken sind in seinem Hauptwerk „Discours sur la Methode“ enthalten. Er versucht, auf der Grundlage des Zweifels und des logischen Denkens eine völlig neue und, wie er glaubt, feste Grundlage für ein philosophisches System zu gewinnen. Die Offenbarung erkennt er nicht als eine solche Grundlage an, und er ist auch nicht bereit, unkritisch zu übernehmen, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen.
So fängt er mit seiner Methode des Zweifels an. Er zweifelt an dem, was unsere Sinne uns berichten, er zweifelt an den Ergebnissen unseres rationalen Denkens, und schließlich kommt er zu seinem berühmten Satz: „Cogito, ergo sum“: Ich kann nicht an meiner Existenz zweifeln, da sie aus der Tatsache folgt, daß ich nachdenke. Nachdem er in dieser Weise zur Existenz des Ichs gekommen ist, schreitet er fort, die Existenz Gottes zu beweisen, im Wesentlichen nach den Methoden der scholastischen Philosophie. Schließlich folgt die Existenz der Welt aus der Tatsache, daß Gott uns eine starke Neigung eingepflanzt hat, an die Existenz der Welt zu glauben, und es ist unmöglich anzunehmen, dass Gott uns getäuscht haben sollte.
Der Ausgangspunkt der cartesianischen Philosophie ist völlig verschieden von dem der antiken griechischen Philosophen. Hier wird nicht mit einem Grundprinzip oder einem Grundstoff begonnen, sondern mit dem Versuch, ein grundlegendes, unbestreitbares Wissen zu erwerben. Descartes erkennt, dass unser Wissen über unser eigenes Denken sicherer ist, als unser Wissen über die äußere Welt. Aber schon seine Ausgangsposition mit dem Dreieck: Gott, Welt und Ich vereinfacht die Grundlage für das weitere Philosophieren in einer gefährlichen Weise. Die Spaltung zwischen Materie und Geist oder zwischen Körper und Seele, die mit PLATOs Philosophie begonnen hatte, ist jetzt vollständig. Gott ist sowohl vom Ich, als auch von der Welt getrennt. Gott wird tatsächlich so hoch über die Welt und die Menschen erhoben, dass er schließlich in der Philosophie des Descartes nur als ein gemeinsamer Bezugspunkt erscheint, der die Beziehung zwischen dem Ich und der Welt herstellt.
Während die antike Naturphilosophie der Griechen versucht hatte, eine Ordnung in der unendlichen Vielfalt der Dinge und Erscheinungen zu finden, indem man nach einem einheitlichen Grundprinzip Ausschau hielt, versucht DESCARTES, die Ordnung durch eine grundlegende Teilung zu bewirken.
Die drei Philosophen, die man als die Repräsentanten der frühen empiristischen Philosophie ansehen kann, sind LOCKE, BERKELEY und HUME. LOCKE lehrt im Gegensatz zu Descartes, daß alles Wissen letzten Endes auf Erfahrung begründet sei. Es kann sich dabei um sinnliche Erfahrung handeln oder um Erfahrung über die Art, wie unser Denken funktioniert. Kenntnis, so sagt LOCKE, ist das Begreifen von Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung zwischen zwei Gedanken. Der nächste Schritt wurde von BERKELEY getan. Wenn tatsächlich all unser Wissen auf der Perzeption, auf der Empfindung beruht, so wird die Aussage, daß die Dinge wirklich existieren, sinnlos. Denn wenn die Perzeption gegeben ist, so kann es keinen Unterschied mehr machen, ob die Dinge existieren oder nicht existieren. Daher ist Existenz und Empfunden-werden das gleiche.
Diese Art zu argumentieren wurde dann von HUME zu einem extremen Skeptizismus ausgebaut, der Induktion und Kausalgesetz leugnete und dadurch zu Schlüssen kam, die dann, wenn man sie ernst nähme, wohl die ganze Grundlage der empirischen Naturwissenschaft zerstören müssten.
Die Kritik am metaphysischen Realismus, die durch die empiristische Philosophie ausgesprochen wurde, ist sicherlich insofern berechtigt, als sie eine allgemeine Warnung gegen den allzu naiven Gebrauch des Wortes Existenz darstellt. Die positiven Behauptungen dieser empiristischen Philosophie können aber nach ähnlichen Gesichtspunkten kritisiert werden. Unsere Empfindungen sind ja nicht primär Bündel von Farben und Lauten. Was wir empfinden, wird schon als etwas empfunden, als irgendein Ding, und deshalb ist es sehr zweifelhaft, ob man an Verständnis gewinnt, wenn man die Empfindungen an Stelle der Dinge als die letzten Elemente der Wirklichkeit nimmt.
Die hier zugrunde liegende Schwierigkeit ist am klarsten durch den modernen Positivismus erkannt worden. Diese Gedankenrichtung drückt die Kritik am naiven Gebrauch bestimmter Wörter, wie Ding, Empfindung, Existenz usw. durch die allgemeine Forderung aus, dass die Frage, ob ein gegebener Satz eine bestimmte Bedeutung habe, ob er überhaupt sinnvoll sei, jedes Mal gründlich und kritisch untersucht werden müsse. Diese Forderung und die ihr zugrunde liegende Haltung ist von der mathematischen Logik abgeleitet.
Das Vorgehen der exakten Naturwissenschaft wird als eine Verknüpfung von Symbolen mit den beobachteten Erscheinungen aufgefasst. Die Symbole können wie in der Mathematik nach bestimmten Regeln miteinander verbunden werden, und in dieser Weise können Aussagen über die Erscheinungen ausgedrückt werden durch Verknüpfungen zwischen Symbolen. Eine Verknüpfung von Symbolen aber, die nicht mit den vorausgesetzten Regeln übereinstimmt, ist nicht etwa falsch, sondern sie enthält keinen Sinn.
Die Schwierigkeit, die diesem Argument offensichtlich anhaftet, ist das Fehlen eines allgemeinen Kriteriums dafür, ob ein Satz als sinnvoll oder als sinnlos bezeichnet werden muss. Eine klare Entscheidung hierüber ist nur möglich, wenn der Satz zu einem geschlossenen System von Begriffen und Axiomen gehört; aber das wird in der Entwicklung der Naturwissenschaft im ganzen eher die Ausnahme als die Regel sein. In einigen Fällen hat die Vermutung, dass eine bestimmte Aussage sinnlos sei, historisch zu wichtigen Fortschritten geführt; denn sie schuf die Möglichkeit, neue Verknüpfungen zwischen Begriffen herzustellen, die Widersprüche enthalten hätten, wenn der Satz einen Sinn gehabt hätte.
Als ein Beispiel aus der Quantentheorie kann der Satz erwähnt werden: In welcher Bahn bewegt sich das Elektron um den Atomkern. Aber im allgemeinen dürfte das aus der mathematischen Logik entwickelte positivistische Denkschema zu eng sein für eine Naturbeschreibung, die doch genötigt ist, Worte und Begriffe zu gebrauchen, die nur unscharf definiert werden können.
Die philosophische These, dass alle Kenntnis letzten Endes auf Erfahrung beruhe, hat also schließlich – nämlich im modernen Positivismus – zu einer Forderung geführt, die die logische Klärung jeder Aussage über die Natur zum Gegenstand hat. Eine solche Forderung mag in der Periode der klassischen Physik als berechtigt gegolten haben. Seit der Entwicklung der Quantentheorie aber haben wir gelernt, daß sie nicht erfüllt werden kann. Zum Beispiel mussten die Worte Ort und Geschwindigkeit eines Elektrons früher als wohldefiniert erscheinen sowohl hinsichtlich ihrer Bedeutung, als auch hinsichtlich ihrer möglichen Verknüpfungen; und sie waren auch tatsächlich im Rahmen der Newtonschen Mechanik wohldefinierte Begriffe.
Aber vom Standpunkt der modernen Physik sind sie doch nicht wohldefiniert, wie man aus den Unbestimmtheitsrelationen erkennt. Man kann sagen, daß sie hinsichtlich ihrer Stellung in der Newtonschen Mechanik wohldefiniert waren, aber nicht hinsichtlich ihrer Bedeutung gegenüber der Natur. Daraus erkennt man, dass man niemals von vornherein die Grenzen wissen kann, die der Anwendbarkeit bestimmter Begriffe bei der Ausdehnung unseres Wissens gesetzt sind. Besonders dann nicht, wenn dieses Wissen in sehr entlegene Teile der Natur führt, in die wir nur mit den modernsten technischen Hilfsmitteln eindringen können.
Daher sind wir in diesem Prozess des Eindringens gelegentlich gezwungen, unsere Begriffe in einer Weise zu verwenden, die logisch nicht gerechtfertigt werden kann und die gewissermaßen als sinnlos bezeichnet werden muss. Das Beharren auf der Forderung nach völliger logischer Klarheit würde wahrscheinlich die Wissenschaft unmöglich machen. Wir werden hier in der modernen Physik an die alte Erkenntnis erinnert, dass man dann, wenn man darauf besteht, niemals einen Irrtum auszusprechen, eben schweigen muss.
Eine Verbindung der beiden Gedankenreihen, die mit DESCARTES auf der einen Seite, mit LOCKE und BERKELEY auf der anderen Seite begonnen hatten, wurde in der Philosophie von KANT versucht, die den deutschen Idealismus begründet hat. Der Teil seines Werkes, der für den Vergleich mit der modernen Physik erörtert Wort a priori in dem absoluten Sinne benützt werden soll, den ihm KANT gegeben hatte. In der Mathematik betrachtete KANT die euklidische Geometrie als a priori.
Bevor wir diese Lehren Kants mit den Ergebnissen der modernen Physik vergleichen, müssen wir noch einen anderen Teil seines Werkes erwähnen, auf den wir uns später beziehen müssen. Auch in der Kantschen Philosophie entstand die unangenehme Frage, ob die Dinge wirklich existieren, die ja seinerzeit den Anlaß für die empiristische Philosophie gegeben hatte. Aber Kant ist hier der Linie von BERKELEY und HUME nicht gefolgt, obwohl das logisch konsequent gewesen wäre. Er behielt in seiner Philosophie den Begriff Ding an sich bei und bezeichnete damit eine Ursache der Empfindung, die von der Empfindung verschieden war; in dieser Weise bewahrte er eine gewisse Verbindung mit dem Realismus.
Wenn man KANTs Lehren mit den Ergebnissen der modernen Physik vergleicht, so sieht es im ersten Augenblick so aus, als sei sein zentraler Begriff der synthetischen Urteile a priori durch die naturwissenschaftlichen Entdeckungen unseres Jahrhunderts völlig zerstört worden. Die Relativitätstheorie hat unsere Ansichten über Raum und Zeit verändert, sie hat in der Tat ganz neue Züge von Raum und Zeit ans Licht gebracht, von denen in KANTs apriorischen Formen der reinen Anschauung nichts zu sehen war.
Das Kausalgesetz wird in der Quantentheorie nicht oder jedenfalls nicht in der gleichen Weise wie in der klassischen Physik angewandt, und das Gesetz von der Erhaltung der Materie ist für die Elementarteilchen nicht mehr richtig. Natürlich konnte Kant die neuen Entdeckungen nicht vorhersehen. Aber da er überzeugt war, dass seine Vorstellungen die Grundlage für jede Metaphysik der Zukunft, die sich wissenschaftlich nennt, bilden müssten, ist es interessant nachzusehen, wo seine Argumente falsch gewesen sind. Als Beispiel soll das Kausalgesetz erörtert werden. KANT sagt:
„Wenn wir erfahren, dass etwas geschieht, so setzen wir dabei jederzeit voraus, dass irgendetwas vorausgehe, worauf es nach einer Regel folgt.“
Dies ist, wie KANT behauptet, die Grundlage für alle wissenschaftliche Arbeit. Dabei ist es nicht wichtig, ob wir diesen vorausgehenden Vorgang, aus dem der andere nach einer Regel folgt, immer finden können. Tatsächlich kann man ihn in vielen Fällen angeben. Aber selbst, wenn dies nicht möglich ist, so kann uns nichts daran hindern zu fragen, was dieser vorausgehende Vorgang etwa gewesen sein könnte, und nach ihm zu suchen. In dieser Weise wird das Kausalgesetz einfach zurückgeführt auf die Methode der wissenschaftlichen Untersuchung. Es ist die Bedingung, die Wissenschaft überhaupt erst möglich macht. Da wir diese Methode tatsächlich anwenden, ist das Kausalgesetz a priori und nicht aus der Erfahrung abgeleitet. Die a priorischen Vorstellungen, die KANT als eine unbestreitbare Wahrheit ansah, sind in dem wissenschaftlichen System der modernen Physik nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form enthalten.
Trotzdem bilden sie in einer etwas anderen Bedeutung einen wesentlichen Teil dieses Systems. Bei der Erörterung der Kopenhagener Deutung der Quantentheorie wurde schon hervorgehoben, dass wir die klassischen Begriffe benützen müssen, um unsere experimentellen Anordnungen beschreiben zu können, oder allgemeiner, um über den Teil der Welt zu sprechen, der nicht zum Gegenstand des Experiments gehört. Die Anwendung dieser klassischen Begriffe einschließlich Raum, Zeit und Kausalgesetz ist in der Tat die Voraussetzung für die Beobachtung der atomaren Vorgänge und kann in diesem Sinne durchaus a priori genannt werden.
Was KANT nicht vorausgesehen hatte, war die Möglichkeit, dass diese apriorischen Begriffe zwar die Voraussetzung für die Wissenschaft sein können, dass sie aber zur gleichen Zeit doch nur einen begrenzten Anwendungsbereich besitzen. Wenn wir ein Experiment durchführen, so müssen wir eine Kausalkette von Vorgängen annehmen, die von dem atomaren Vorgang durch unseren Apparat hindurch schließlich bis zum Auge des Beobachters führt. Wenn man diese Kausalkette nicht voraussetzt, so kann man nichts über den atomaren Vorgang wissen. Wir dürfen aber dabei nicht vergessen, dass die klassische Physik und das Kausalgesetz nur einen begrenzten Anwendungsbereich besitzen. Es war das grundlegende Paradoxon der Quantentheorie, das von KANT nicht vorhergesehen werden konnte.
Die Lehre, die man speziell aus der Diskussion der Philosophien von DESCARTES und KANT ziehen kann, lässt sich vielleicht in folgender Weise formulieren:
Alle die Begriffe und Worte, die sich in der Vergangenheit durch das Wechselspiel zwischen der Welt und uns selbst gebildet haben, sind hinsichtlich ihrer Bedeutung nicht wirklich scharf definiert. Damit ist gemeint: wir wissen nicht genau, wie weit sie uns dazu helfen können, unseren Weg durch die Welt zu finden. Oft wissen wir, daß sie in einem sehr weiten Bereich innerer und äußerer Erfahrungen angewendet werden können, aber wir wissen niemals ganz genau, wo die Grenzen ihrer Anwendbarkeit liegen. Dies gilt selbst bei den einfachsten und allgemeinsten Begriffen wie Existenz oder Raum und Zeit. Daher wird es niemals möglich sein, durch rationales Denken allein zu einer absoluten Wahrheit zu kommen.
Die Begriffe können allerdings scharf definiert werden im Hinblick auf ihre Verknüpfung. Tatsächlich geschieht dies, wenn die Begriffe ein Teil eines Systems von Axiomen und Definitionen werden, die man widerspruchsfrei in einem mathematischen Schema ausdrücken kann. Solch eine Gruppe von untereinander verbundenen Begriffen kann möglicherweise auf ein weites Feld von Erfahrungen angewendet werden und hilft uns dann, unseren Weg durch dieses Feld zu finden. Aber die Grenzen ihrer Anwendbarkeit werden im allgemeinen nicht genau oder nicht vollständig bekannt sein.
Selbst wenn man sich darüber klar ist, dass die Bedeutung eines Begriffes niemals mit absoluter Genauigkeit festgelegt werden kann, so bilden doch einige Begriffe einen integrierenden Bestandteil unserer wissenschaftlichen Methoden, da sie wenigstens für die gegenwärtige Zeit das Endresultat einer Entwicklung des menschlichen Denkens in der Vergangenheit bilden, und zwar in einer sehr weit zurückliegenden Vergangenheit. Möglicherweise sind sie uns schon durch unsere Vorfahren vererbt, und jedenfalls sind sie die unentbehrlichen Werkzeuge für jede wissenschaftliche Arbeit in unserer Zeit. In diesem Sinne kann man sie praktisch a priori nennen; aber vielleicht werden in der Zukunft weitere Begrenzungen für ihre Anwendung gefunden werden.
Literatur: Werner Heisenberg, Physik und Philosophie, Stuttgart 1984