(lateinisch Amalricus de Bena, vulgärlateinisch Amauricus, französisch Amaury de Bène, auch Amalrich von Chartres; * wohl um 1140/1150 in Bène bei Chartres; † 1206 in Paris) war ein Gelehrter, der an der Universität von Paris Unterricht in den „Sieben Freien Künsten“ erteilte. Er betätigte sich auch auf dem Gebiet der Theologie und trat mit einem unkonventionellen theologischen Konzept hervor. Seine Anhänger, die „Amalrikaner“, verbreiteten seine Lehren in den Jahren nach seinem Tod. Dies führte 1210 zu ihrer Verurteilung als Häretiker. Nach amalrikanischer Auffassung ergibt sich aus dem allgemein anerkannten Grundsatz der Allgegenwart Gottes, dass alles Seiende – insbesondere jeder einzelne Mensch – hinsichtlich seines Seins göttlich und von Gott nicht verschieden ist. Daraus wurde gefolgert, dass die kirchlichen Sakramente, insbesondere die Taufe und die Buße, nicht zur Erlangung des Heils benötigt würden. Ein Nichtchrist, der die Wahrheit erkannt habe, brauche nicht getauft zu werden. Wer im Besitz der Erkenntnis sei, dass alles Seiende als solches eine göttliche Einheit bilde, der könne auf die Hilfsmittel der Kirche verzichten, denn es komme nur auf diese Erkenntnis an. Da Gott alles in allem bewirke, verursache er sowohl das Gute als auch das Übel. Ihm seien somit alle Geschehnisse zuzurechnen. Daher gebe es für den, der dies begriffen habe, keine Sünde. Die Einsicht in diese Wahrheit sei die wirkliche Auferstehung; eine andere – die von der Kirche verheißene künftige Auferstehung der Toten – sei nicht zu erwarten, und Christus sei nicht leiblich auferstanden. Wer die Wahrheit erkannt habe, lebe bereits im Paradies, und die Hölle sei nichts anderes als Unwissenheit. Glaube und Hoffnung – nach der kirchlichen Lehre zwei Haupttugenden des Christen – seien überflüssig, nur das Wissen zähle.